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Vorkaufsrecht

Kantonsrat

Wohnungsnot - Vorkaufsrecht ist (k)eine Lösung?

Wohnungsnot! Wir starten mit der ersten von fünf (!) Volksinitiativen zum Thema Wohnen. Wohnungsnot! Schon als junge Stadtzürcherin auf Wohnungssuche hörte ich diesen Ruf – das ist über 30 Jahre her. Bis heute zählt die Wohnfrage zu den grössten Sorgen der Bevölkerung.


Mehr bezahlbarer Wohnraum? Eine einfache Lösung ohne Zielkonflikte gibt es nicht: Gewünscht wird mehr Wohnraum – aber bitte keine Verdichtung im eigenen Quartier. Günstige Mieten ja. Der Staat soll sorgen. Höhere Steuern? Nein, danke.


Angesichts skandalöser Leerkündigungen, wie bei den Sugus-Häusern, ist der Wunsch nach staatlicher Sicherheit anstelle willkürlicher Profitgier nachvollziehbar. Seitens der Investoren braucht es unbedingt mehr Respekt und Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Mietenden. Zum Beispiel mit dem Erhalt von Wohnraum und Ersatzlösungen während Sanierungen.


Kann sich eine Gemeinde einen überteuerten Immobilienkauf leisten und führt dieser zu günstigen Wohnungen?

Bereits heute mischen Städte und Gemeinden im Immobilienmarkt kräftig mit: Erst letzte Woche hat die Stadt Zürich für satte 123 Millionen Franken in Örlikon ein Grundstück von der ABB erworben. Im «Tages-Anzeiger» war Finanzvorsteher Daniel Leupi voll des Lobes für die «sehr gute Zusammenarbeit mit privaten Grundbesitzern». Und auch die Stadt Kloten hat letzte Woche auf dem Wohnmarkt zugeschlagen und für Fr. 4,2 Millionen ein Haus mit 4 Wohnungen und Nebengebäuden gekauft. Man muss kein Immobilienspezialist sein: Die Summen sind beachtlich – und für viele Gemeinden unerschwinglich. Ob das wirklich zu mehr und vor allem günstigem Wohnraum führt, bleibt abzuwarten. Im neuen Tramdepot kostet eine städtische 4 ½-Zimmer-Wohnung jedenfalls bis zu Fr. 3'420. Finanzvorsteher Leupi meint: Günstiger geht es nicht – die Kosten müssen gedeckt sein. Denn für die Zürcher Steuerzahlenden bedeutet das Projekt bereits Ausgaben von Fr. 216 Millionen.


Sollen Gutverdienende in einer städtischen Wohnung leben?

Im Kantonsrat hat mich die SP überrascht: Sie hat eine städtische Miete von Fr. 3'420 verteidigt. Das Tramdepot sei halt teuer. Die Miete werde mit den Jahren günstiger… Das stimmt so nicht. Die Miete wird vielleicht im Marktvergleich nicht gleich steigen – doch günstiger wird sie nicht. Und die Löhne steigen nicht im gleichen Ausmass. Bei der Miet-Tragbarkeit rechnet man mit einer 25%-Regel. Für eine Miete von Fr. 3’420 müsste man somit heute schon Fr. 14'000 verdienen… Das sind Gutverdienende. Und sie wohnen dann in einer städtischen Wohnung, die mit Steuergeldern ermöglicht wurde. Ich sehe nicht, dass dort «bezahlbares Wohnen» ermöglicht wurde. Als junge Demonstrierende hätte ich mich «ver…-hört» gefühlt. DAS ist nicht nur an der Bevölkerung vorbei politisiert, sondern fast schon eine Täuschung derselben.


Günstiger Wohnraum sollte bei denen ankommt, die ihn brauchen – sei es durch Einkommens- und Vermögensgrenzen oder Belegungsvorschriften, die eine Mindestanzahl an Bewohnenden festlegen.


Vorkaufsrecht – ein geeignetes Mittel für günstigen Wohnraum? 

Wir sehen die Pro und Contra. Dem Stimmvolk legen wir zwei Varianten mit demselben Ziel vor: Die Original-Initiative und den Vorschlag des Regierungsrats. Letzterer greift weniger in die Privatwirtschaft ein und fördert gezielt den vergünstigten Wohnbau. 

Die Initiative gibt finanzstarken Gemeinden die Möglichkeit, ein Vorkauf auszuüben – ein freiwilliges Instrument, das ihre Autonomie stärkt. So können Gemeinden Boden langfristig sichern oder bestehende Liegenschaften subventionieren, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – ohne selbst neu bauen zu müssen. Ein Vorkauf greift dann, wenn sie im Vorfeld nicht mitbieten konnten oder leer ausgingen.


Ob ein Vorkauf kurz- oder mittelfristig tatsächlich zu günstigem Wohnraum führt, bleibt fraglich. Er erfolgt erst nach Abschluss aller Verhandlungen – also zum Höchstpreis. Zudem wird die verkaufende Partei ihre Aufwände geltend machen, was die Kosten weiter treibt. Für Private birgt das Vorkaufsrecht die Gefahr, dass ein Vorhaben nach langwierigen Verhandlungen scheitert. Für sie bedeutet es vor allem Rechts- und Planungsunsicherheit mit finanziellen Risiken – und es steht im Widerspruch zu Vertragsfreiheit, Eigentumsgarantie und liberalen Grundprinzipien.


In meiner Gemeinde ist ein Vorkaufsrecht nicht zwingend notwendig – wir kennen die Grundeigentümer:innen und pflegen eine aktive Liegenschaftenstrategie. Bei öffentlichen Verkäufen bieten wir gezielt mit. Scheitert es, liegt das meist am Preis – daran würde auch ein Vorkaufsrecht wenig ändern.


Der Regierungsrat schlägt als Gegenvorschlag eine Verdoppelung der Wohnbauförderung vor. Konkret profitieren gemeinnützige Träger, die Mietwohnungen zu Kostenmiete anbieten. Das wirkt rasch und schafft spürbar mehr günstigen Wohnraum.


Untauglich, teuer und verhindert Wohnraum: Der EVP-Gegenvorschlag

Hingegen ist ein in den Medien als grosser Kompromiss präsentierter EVP-Gegenvorschlag nichts anderes als eine Verschlimmerung der Initiative. Seit über 15 Jahren bin ich Exekutiv-Gemeinderätin in Dietlikon und ich kann am Beispiel dieser Gemeinde aufzeigen, weshalb dieser Vorschlag untauglich ist: 

1.     Eine Grenze bei der Leerwohnungsziffer Wenn schon, dann richtig: Alle Gemeinden, die wollen, sollen ein Vorkaufsrecht einführen können. Eine Grenze bei der Leerwohnungsziffer ist ein Affront gegenüber jenen, die ebenfalls unter Wohnungsknappheit leiden. Der Leerstand schwankt stark – je nach Bautätigkeit. In Dietlikon etwa lag die Quote einmal wegen Neubauten bei 3, also eine vermeintlich komfortable Lage für Mietende, im Jahr davor und danach aber bei nur 0,1 – schlimmer als in der Stadt Zürich!

2.     Ein Verzichtsverfahren für 18 Monate In der Initiative können Gemeinden auf ein Vorkaufsrecht zeitlich unbefristet verzichten. Das neu vorgeschlagene Verzichtsverfahren für 18 Monate hingegen schafft ein Bürokratiemonster. Besonders in grösseren Gemeinden ist mit einer Flut von Anfragen zu rechnen. Bis diese Anfragen abgearbeitet sind, sind die 18 Monate um und die Erneuerung ist wieder auf dem Tisch. Statt Baubewilligungen zu erteilen, beschäftigt sich die Behörde mit Verzichtsanträgen. Und bei Erhalt des befristeten Verzichts müssten Grundeigentümer und Behörden im Eiltempo ein Baugesuch erarbeiten und bewilligen– bei Areal-Bauten würde ein solches Hau-Ruck-Projekt zu Lasten von bestmöglichen Lösungen gehen.

3.     Die Kostenübernahme auf 1% des Kaufpreises deckeln Ob das rechtlich zulässig ist, bezweifle ich. So oder so schreckt es Private eher ab, Projekte zu planen, wenn sie Angst haben müssen, auf den Entwicklungskosten sitzen zu bleiben… Die Initiative ist fairer und garantiert die volle Kostenübernahme.


Wir brauchen mehr Wohnungen!

Zurück zum Hauptanliegen dieser Vorlage: Die Wohnungsnot bekämpfen und günstigen Wohnraum ermöglichen.

So schlimm darf es nie mehr werden: Im letzten Jahrhundert war die Wohnungsnot so gravierend, dass sogar Bettzeiten vermietet wurden – tagsüber nutzte eine Person das Bett, nachts eine andere. Damals wurde das Problem durch mehr Wohnungsbau gelöst.


Es braucht auch heute rasch Lösungen, denn die Situation verschärft sich weiter. In den letzten 5 Jahren sind im Kanton Zürich rund 30'000 zusätzliche Wohnungen entstanden. Für die nächsten 5 Jahre wird ein Bedarf von weiteren 50'000 prognostiziert. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass immer mehr Kleinwohnungen mit 1 bis 2 Zimmern und kaum Familienwohnungen gebaut werden. Letztes Jahr kamen im ganzen Kanton weniger als 1'000 neue Familien-Wohnungen hinzu.


Die Menschen leben länger, es gibt mehr getrennte Haushalte und die Personen, die uns pflegen, brauchen auch eine Wohnung

Die Gründe für den wachsenden Bedarf an Wohnraum sind vielfältig: Immer mehr Menschen leben länger und verbleiben zunehmend in den eigenen vier Wänden. Senior:innen sind aktiv, tragen zur Wirtschaft bei und benötigen im höheren Alter vermehrt Pflege. Dies zieht wiederum Fachkräfte an, die ebenfalls Wohnraum benötigen. Paare trennen sich und wenn sie Kinder haben, benötigen sie statt einem, neu zwei grosse Haushalte. Und die Jungen wollen irgendwann ausziehen – so wie ich vor 30 Jahren.


Preisgünstige Wohnungen, statt leere Büroflächen!

Wir müssen   dichter Bauen,   höher Bauen,   schneller Bauen,   einfacher Bauen und vor allem dort Bauen, wo schon gebaut ist. Es braucht eine flexible Raumplanung, die Wohnraum schafft – nicht verhindert! Leere Gewerbe- und Büroflächen müssen einfacher zu Wohnraum werden. Doch genau da klemmt der Kanton. Und es wird noch absurder: Ich weiss von bestehenden Wohnzonen, denen auf Geheiss der Regierung neu ein Mindestgewerbeanteil aufs Auge gedrückt wird! Man stelle sich das vor! Wo heute günstige Mietwohnungen stehen, kann nicht verdichtet werden, da bei einem Neubau in den unteren Wohngeschossen Gewerbe vorgeschrieben wird. Während nur wenige Meter entfernt riesige Flächen an Büro- und Gewerberäumen leer stehen! Ich verstehe die Welt nicht mehr!


Die Gemeinden wissen am besten, wo Gewerbe passt und wo Wohnraum fehlt – DAS ist der bewährte Schlüssel gegen Wohnungsnot! Gemeinden müssen unkompliziert mehrere Zonen für bezahlbaren Wohnraum ausweisen und Anreize schaffen können, damit bei Verdichtung eine Mindestanzahl günstiger Wohnungen entsteht.


Die Wohnungsnot bleibt eine Herausforderung, der wir uns weiter dringend stellen müssen. Die Wohninitiativen bringen keine schnelle Entlastung. Deshalb braucht es alternative Lösungen: Bauen soll wieder attraktiver werden – mit schnelleren Verfahren, klareren Regeln, weniger Bürokratie und einer aktiven Raumplanung.

Zur Initiative haben wir grünliberalen Stimmfreigabe beschlossen und unterstützen den Gegenvorschlag des Regierungsrats.


Mein Votum zur Wohnraumpolitik und dem Vorkaufsrecht:


Mein Konter zum Angriff der SP:



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