top of page

Persönliches Portrait

Kurier

Unbändiger Drang nach Fairness



Von Rafaela Ulrich, Kurier Dietlikon

Man sieht sie auf vielen Wahlplakaten; kennt sie als langjährige Dietliker Gemeinderätin und Vorsteherin Infrastruktur+Unterhalt. Nun kandidiert sie für den Kantonsrat. Ein Portrait von Cristina Cortellini.


Cristina Cortellini ist zudem Vize-Präsidentin der kommunalen Baubehörde und Vize-Präsidentin der kantonalen Spezialkommission Innovationspark Schweiz. Ausserdem ist sie Präsidentin der glp Frauen und seit 2019 auch Kantonsrätin. Und sie ist berufstätig und Mutter von drei Kindern. Das klingt nach einer Überfrau. Nach Superwoman. Zeit einen Blick hinter die perfekte Wahlplakatfassade zu werfen. Wie ist die Privatperson Cristina Cortellini? Und wie bringt sie das alles unter einen Hut?


Mit einem freundlichen Lächeln öffnet sie mir die Tür. Ich trete ein in ihr Haus und werde von der Katze sogleich stürmisch begrüsst. Die lichtdurchfluteten Wohnräume sind einladend und geschmackvoll eingerichtet. Es ist ein gemütlicher und schöner Ort. «Das ist mein Lieblingsort hier in Dietlikon. Nicht wegen des Hauses, das hat uns schon beim Einzug nicht gefallen», zwinkert Cortellini verschmitzt. «Jedenfalls von aussen nicht. Wir hatten das Grundstück damals vor allem wegen des grossen Gartens und des schönen kanadischen Ahorns gekauft. Es ist wunderbar unter diesem riesigen Baum zu sitzen, wenn es im Sommer so richtig heiss ist.» Das unbeschwerte Lächeln verfliegt. Auf einmal wird sie ernst: «Es ist mein Lieblingsort, weil es das Zuhause meiner Kinder ist.»


«Nun weiss ich, wie es sich für Scheidungskinder anfühlt, die ständig zwischen zwei Zuhause hin und her pendeln müssen.»


Das Nestmodell

Das Zuhause der Kinder, sozusagen das Haus in dem ihre Kinder leben. Und ihr Exmann und auch sie – abwechslungsweise. Das Haus ist gewissermassen das Nest für ihre drei Teenager, in das Mutter und Vater jeweils ein- und wieder ausfliegen. Dies bedarf eines ausgeklügelten Plans, wer an welchen Tagen zuhause bei den Kindern ist und wer auswärts schläft und es setzt natürlich voraus, dass die Eltern auch nach der Scheidung alles sachlich miteinander planen und organisieren können. Während es für die Kinder ein gewisses Mass an Stabilität und Sicherheit, in der sonst schon schwierigen Trennungssituation mit sich bringt, ist es für die Eltern umständlich und sehr kräftezehrend. Immer mit dem Koffer unterwegs zu sein, ist nicht einfach. Wohl auch deswegen ist das Nestmodell das in der Schweiz am seltensten gewählte Familienmodell. Dass sich Cristina Cortellini dennoch dafür entschieden hat, wundert nicht. Den einfachen Weg zu gehen oder gar ihre eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen, ist nicht ihr Ding. Das Wohl der anderen liegt ihr am Herzen. DieTochter italienischer Einwanderer hat früh gelernt und vorgelebt bekommen, dass «so ein bisschen» nicht reicht. Sondern dass man immer alles geben und sich noch mehr Mühe geben muss. Einen Druck den sie sich selbst auch heute teilweise noch macht.


«Ich bin nicht mehr Powerfrau als andere Frauen – ich struggle wie alle anderen auch.»


Verletzlich, menschlich

Ihr Antrieb alles zu schaffen, Beruf, Familie und Politik unter einen Hut zu bringen und sich immer wieder für andere einzusetzen, ist ihr starker Gerechtigkeitssinn. Ein unbändiger Drang nach Fairness und Chancengerechtigkeit. Und vielleicht auch das Unvermögen alles hinzunehmen oder einfach weg zu sehen. Als Powerfrau sieht sie sich deshalb trotzdem nicht. Jedenfalls nicht mehr als andere Frauen. Sie sei nicht immer stark, meint sie. Und auch ihr Leben sei nicht immer so glanzvoll wie es scheine. Zaghaft streicht sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Eine verletzliche Seite kommt zum Vorschein. Unschöne Erinnerungen kommen hoch. Die Betriebsökonomin ist an ihrem letzten Arbeitsplatz zusammen mit anderen Arbeitskollegen Opfer von schikanösem Mobbing duch den neuen Vorgesetzten geworden. Auch in ihrer Arbeit als Gemeinderätin hat sie schon manch schwierige Situationen durchstehen müssen. Bis hin zu persönlichen Angriffen gegen sie und ihre Kinder. Die Politik deshalb an den Nagel zu hängen, war dennoch nie eine Option. Im Gegenteil. Sich für ein besseres Miteinander einzusetzen und mit aller Kraft weiter zu machen ist ihr Weg. Auf die Frage wo sie denn ihre Batterien aufladen und neue Kraft tanken könne, fällt ihr die Antwort leicht. «Mein starkes Umfeld fängt mich immer wieder auf und gibt mir unheimlich viel Kraft.» Die Unterstützung der Familie, der Beistand der engsten Freundinnen durch ihre Scheidung hindurch und die Wertschätzung der neuen Liebe sind ihr Kraftfeld.


Viel zu tun

Dennoch es bleibt ein hartes Stück Arbeit, so viele Ämter und so viele Aufgaben zu bewältigen. Ein Leben aus dem Koffer und eine straffe Tagesplanung, durchdacht und organisiert. Mit viel Disziplin und einer Menge Frohmut kann man unglaublich viel schaffen. Dass da allerdings noch Zeit für Hobbies bleiben soll, kann ich mir nicht vorstellen. Doch, meint Cortellini: wandern, kochen und Skifahren. Am besten zusammen mit ihren Liebsten.

bottom of page